Wir vom Dörzbacher UL-Verein sind schon ein ganz verrückter Haufen – wir landen auf 290 x 12 m Grasbahn auch mit modernen und schnellen Ultraleichtfliegern. Auch unsere Querbahn mit 230 m Länge hat noch keine größeren Schäden an Mensch und Material verursacht. Unser Verein ist ein bunt zusammengewürfelter Haufen Humanmaterials, der sich auch noch gut versteht. Unser kleiner Kosmos ist in bester Ordnung. Was will man eigentlich mehr?
Wir wollen mehr! Ein Mal jedes Jahr sollte ein größerer Ausflug drin sein. Da ich schon fast alle Europakarten in Computer hatte, befragte ich meinen Flightplanner nach einer aussitzbaren Route. Nach Osten sollte es gehen – soweit wie möglich. Die anderen Himmelsrichtungen hatten wir alle schon mal geflogen. In weiter Ferne, im Morgenland, lag das schwarze Meer. Karpaten, Knoblauch, Dracula, Constanza – mit 10 Stunden Flugzeit durchaus in unserer Reichweite. Die Wetterkarten verhießen jedoch nichts Gutes. Der Osten war dicht. Die Rumänen wollten uns auch nicht an ihrem Himmel. Die Richtung jedoch sollte beibehalten werden. Nach telefonischer Rücksprache mit einigen ungarischen Flugplätzen war alles klar – Ungarn, wir kommen!
Unser neuer C 42 mit gerade mal 12 Stunden wurde auf Herz und Nieren geprüft und bekam seinen ersten Ölwechsel. Wolfgang God und ich hatten uns Zeit genommen und die Flugfreigabe von unserer obersten Heeresleitung erhalten. Das Wetter hatte ein Einsehen und der Abflugtag rückte näher. Am Abend des 5. Septembers 2005 gab ich einen Flugplan von EDMV Vilshofen nach LHFM Fertöszentmiklós auf.
VilshofenDas Wetter am Morgen war Klasse. Es schob uns von Dörzbach in das Reich der Weißwürste und die Abblockzeit des Flugplanes war nicht in Gefahr. Wir mussten uns sogar mit dem Start in Vilshofen noch etwas gedulden. Als es endlich um 10:06 UTC los ging, waren wir beide voller Vorfreude. Immer der Donau entlang bis zur österreichischen Grenze. Jetzt Wien Info gerastet und es ging auch schon los. Englisch war ab sofort die Umgangssprache. Am Anfang verbog ich mir noch ein wenig die Zunge aber es ging wieder schnell besser. Der Wolfgang flog auf dem Strich und die Schaukelei hielt sich in Grenzen. Nördlich an Linz vorbei immer auf Kurs LHFM Fertöszentmiklós. Das bergige Gelände über Niederösterreich (von wegen nieder) verlangte nun eine Flughöhe von 7000ft. und die Schaukelei begann. Wir waren froh, als wir die Berge südlich von Wiener Neustadt verlassen hatten und leiteten den Sinkflug nach Ungarn ein. Über Deutschkreutz rasteten wir nun Budapest Info. Nach 5 Minuten hatten wir Fertöszentmiklós in Sicht und im Kopfhörer. Die Landung um 12:20 Uhr auf diesem großen Platz war nurSiofok noch Formsache und kostete mit Zoll 16,87 Euro. Noch 40 Liter Avgas für 1.70 Euro rein und wir waren nach einer kalten Cola wieder in der Luft. Zum Ausflug aus Ungarn sollte man sich diesen Platz merken. Man bekommt dann den Sprit zu 80 Cent, wie uns die Platzbesitzerin sagte. Nach erneuter Funkverbindung mit Budapest Info gab man uns in sehr gut verständlichem englisch und bei glasklarer Verständigung (Read you 6) den Weg nach LHSK Siofok Kiliti über den Meldepunkt Sirdu frei. „Melden Sie Balaton in Sicht“ – und das tat ich auch, als wir die letzten Hügel vor uns hatten. Diese Riesenbadewanne sah ich nach 25 Jahren jetzt endlich aus der Luft. Damals hat mir das warme Wasser sehr gut gefallen. Kiliti Info empfing uns mit einem rechten Queranflug auf die 15. Über Siofok war der Platz schon zu erkennen. Eine kleine Diskussion zwischen PIK und Navigator unserer D-MGEC löste die große Grasfläche aus. Wir waren uns nicht ganz über die Lage der 2000 m Landebahn einig. Im Endteil jedoch löste sich das Problem und wir wurden nach 1 Stunde Flug herzlich begrüßt. Eine deutschsprachige Taxifahrerin brachte uns nach Siofok in ein kleines Hotel. Etwas nervig war die Lauferei in der Stadt und zum Baden. Ein kleiner Fahrradverleih nahm uns Schlange bei der Mahlzeit auch diese Unannehmlichkeit ab. Die Saison war vorbei und wir hatte fast den ganzen Strand für uns. Vielleicht lag es aber auch an den vielen Schlangen, die sich im Hafen tummelten. Als unerschrockene Flieger jedoch genossen wir das tolle Wasser und planschten, was das Zeug hielt. Die Kneipen und Restaurants waren ziemlich leer, nichts desto trotz schmeckte uns der Caipirinha ausgezeichnet.
Müßiggang ist aller Laster Anfang, deshalb wollten wir am dritten Tag wieder weiter. Piroschka und Julischka wollten wir auch noch guten Tag sagen. Doch wo wohnten die? Vielleicht bei Graf Esterházy in der Pusta und hüteten dort die Enten? Pusta – Land ohne Berge – Ziehbrunnen – unerschrockene, schnauzbärtige Reiter – Viehherden – glutäugige, schwarzhaarige, rassige Mädels mit wehenden Unterröcken. Das sollte Pusta man sich ansehen, besonders wenn man im vorgeschrittenem Alter an der Midlifecrisis zu nagen hat. Außerdem hatte ich noch das Schwarze Meer im Hinterkopf. Nach Zahlung von 16,46 Euro Lande- und Abstellgebühren und Aufgabe eines Flugplanes nach LHDC Debrecen ging es wieder in die Luft. Ein Flugplan ist nicht vorgeschrieben aber für entspanntes Fliegen notwendig. Die Sperr- und Gefahrengebiete sind so nicht mehr zu beachten, da man durch die Flugsicherung auf eventuelle Gefahren der Luftraumverletzung hingewiesen wird. Uns wurde 2500 ft. zugewiesen und so hatten wir Zeit zum Schauen. Pusta satt – weit und breit nichts als Steppe, Sumpf und Wiesen. Eine kleine Gänseherde rundete das GanzeDebrecen ab. Ich hatte das Gefühl, keine Verbindung mehr zu Budapest Info zu haben. Keinerlei Gequake und Gequengele störte unseren Flug. So berieselten wir uns mit Musik aus unserem Player und genossen. Nach 2 Stunden war Debrecen in Sicht. „Melden Sie Endteil 05 rechts“ – Zweieinhalb Kilometer Beton gehörten uns. In der Mitte nochmals 2500 m Beton mit Grasbüschel gehörten mal den Russen, die in den vielen Sheltern auch ihre Jäger abgestellt hatten. Noch mal 1 km rollen und wir waren vor dem Tower. Dort winkte uns auch schon Julischka (mit einer Warnweste) auf unseren Abstellplatz. Ein deutschsprachiger Taxifahrer brachte uns in die Stadt und suchte ein kleines, günstiges Hotel am Rande. Nach einer halben Stunde Fußmarsch war man mitten in der schönen Universitätsstadt. Alles neu hergerichtet und großzügig breit mit netten Lokalen und urigen Kneipen. Der Caipirinha schmeckte wieder vorzüglich. Am Ende des zweiten Tages konnte wir sogar mit der Straßenbahn fahren. Was für ein Luxus. Mit Rumänien wurde es allerdings Debrecen nichts. Sie wollten uns nicht haben. So beschlossen wir unser Ausweichziel die Insel Krk in Kroatien noch mitzunehmen. Nach ausgiebigem Wetterstudium in einem Internetkaffe passte es endlich.
Auf zum Platz – Lande- und Abstellgebühr bezahlen (27,25 Euro), Flugplan nach LHSM Sarmellek aufgeben. Nachdem der Touribomber aus Leipzig abgefertigt war, konnten auch wir unseren Flieger beladen, checken und tanken. Nach 20 Minuten erbat ich „Startup“ . Wir waren gerade aus unserer Box auf dem Vorfeld und im Begriff über Alfa zur 23 zu rollen. Plötzlich fragte der Türmer, ob wir fähig zum Start von unserer Position aus sind – „Natürlich!“ Klappen raus und Gas rein – so machten wir 800 m Airtaxi. Wieder ein neues Erlebnis. Unter uns verschwand der gigantische Platz mit eingefallenen Häusern und Hallen aus der Besatzungszeit und wir waren wieder allein mit Budapest Info. An diesem Tag schien noch weniger los zu sein. Nur zwei Mal wurden wir zu einem Frequenzwechsel aufgefordert. Als wir den 80 km langen Plattensee passiert hatten, wechselten wir auf Sarmellek. Die 17 mit 2500 m Beton angepeilt und am Rollweg Golf raus.
Nach Aufgabe des Flugplanes und Bezahlen der Landegebühr (15 Euro) warteten wir nun auf den Zöllner, ohne den das Tanken nicht möglich war, da wir das Land verlassen wollten. Das Avgas kostete 1,70 Euro und der Zöllner war zufrieden.
20 Minuten nach dem Start erreichten wir den Ausflugpunkt Kopry und wurden an Zagreb Info übergeben. Entgegen unseres Flugplanes direkt über Zagreb nach LDRI Rijeka wurden wir nun auf den VFR-Korridor Panonia 1 verwiesen, da in Zagreb anscheinend zu viel Verkehr war. Erst mal Richtung West in die Berge. Nun kam mein Joker in Form des PDA´s mit Ozi-Explorer in´s Spiel. Die lästige Suche am Boden nach den verschiedenen Punkten entfiel und wir schipperten westlich an Zagreb vorbei auf dem Strich durch die Berge. Über Karlovac bekamen wir dann endlich direkt nach Rijeka frei. Das Gelände stieg wieder an und wir folgten. Riesige, unlandbare Wälder und wilde Steinformationen drückten vonDie Lücke vom Dienst unten. Die immer dichter werdende Wolkendecke presste uns runter. Im Zwiespalt der Gefühle hatte ich immer ein Auge auf die Autobahn rechts von mir. Sie war wenig befahren und reichte uns im Falle des Falles. 30 Minuten bis Rijeka waren heil zu überstehen. Kurz vor den letzten Bergen wurde es eng. Eine Wolkenlücke lies und gerade Platz zum durchschlüpfen. Eine steil abfallende Felswand, an der ein einsamer Gleitschirmflieger seine Kreise drehte zog unter uns durch und das Mittelmeer mit der Insel Krk lag vor uns. Sinken, Rechts Quer und eine lange Landung auf 2500 m Asphalt auf Krk Island schlossen dieses Leg nach 2:13 Stunden im Sonnenschein ab. Die freundlichen Flugplatzangestellten halfen beim Festbinden und wir wurden im Crewbuss zu Tower gefahren. Laufen durfte man nicht. Vor dem Flugplatz stand auch schon ein Taxi, das uns in das nächste Dorf brachte – Omisalj (steht auch im Jeppesen). Leider war das Touristoffice heute geschlossen und wir nahmen gleich das erste Hotel in der Altstadt auf dem Berg. Am Strand stehen mehrere Hotels, die besser und günstiger sind. Das fanden wir erst nächsten Tag heraus. Das Omisalj Essen war gut, der Caipirinha auch; das Frühstück jedoch äußerst mäßig. Dafür entschädigte das Bad in dem glasklaren, warmen Wasser der Adria. Über Sattelitenfernsehen erfuhren wir von einer heranziehenden Schlechtwetterfront. Deshalb wollten wir so schnell wie möglich Richtung Heimat. Ein Taxi zum Platz war am nächsten Morgen nicht zu bekommen und so fuhr uns der Kellner hin.
Das übliche Prozedere folgte – Flugplan, zahlen, beladen, Check. Wieder mussten wir mit dem Abflug wegen eines HLX-Bombers warten. Auf der 32 gestartet waren wir schon weit vor Bahnende auf Reiseflughöhe und drehten nach Süden ab um noch ein Bild unserer Unterkunft zu machen. Über Cres drehten wir auf den Punkt Plomin zu um dem Korridor Adria 1Slovenien Richtung Ausflugspunkt Girda zu folgen. Nach 30 Minuten flogen wir über die Grenze nach Slowenien. Nun begann ein Höhenflug in 8000 ft. Es war kalt und die Wolkenfelder unter uns wurden immer dichter. Wie in einer Wanne gefangen quollen diese zu uns herauf. Die Verständigung mit Ljubljana Info gestaltete sich als schwierig, da der Controller schnell und schnoddrig sprach. Wir waren heilfroh, als wir die Karawanken in 45 Minuten erreichten und uns über Punkt Istri in LOWK Klagenfurt zur Klagenfurt Landung meldeten. Das hat was: mit dem Followme auf die Parkposition geführt zu werden und lässig zum GA-Gate zwischen Airbus und Co zu schlendern. Die Zöllnerin winkte uns freundlich durch. Die Landegebühren hielten sich mit 21,65 Euro in Grenzen. Die Wetterberatung verlief hervorragend. Ein Telefon mit roter Wettertaste verband mich mit dem Wetterfrosch, der auf dem danebenstehenden Bildschirm jede Frage von mir mit Bildern und Zahlen bis ins Detail beantwortete. Das Ergebnis jedoch war ernüchternd. Die Alpen waren zu. Also mussten wir über Wiener Neustadt ausweichen. Dort ginge es. Also los.
Der Flugplan nach Wiener Neustadt wurde entgegengenommen und der Ausflug aus der Kontrollzone über Völkermarkt genehmigt. Rollen zur 10 über Lima und Bravo und wieder lagen vor uns 2720 x 45 m Beton. Der Autobahn über Wolfsberg und Graz folgend war auch bald LOAN Wiener Neustadt/Ost erreicht. Ein etwas holpriger Anflug über Golf und Umspannwerk führte uns direkt in den Horst der Katana. Da stand alles voller einheimischer Produkte – eine schöner wie die andere. Nach einer erneuten Internetsuche beschlossen wir, sofort wieder Richtung Heimat zu starten. Bis nach Vilshofen sollte es langen. Trotzdem tankten wir noch mal, da die Tankstelle auch Autobenzin zu bieten hatte. Gleich nach dem Start stiegen wirDonau im Sauwetter wieder in die Niederösterreichischen Berge. Es blies uns ein 30-Knoten-Wind auf die Nase. Alles etwas wackelig und unruhig. Der Groundspeed fiel auf unter 100 km/h. So schlichen wir nördlich an Linz vorbei in immer schlechteres Wetter. Der Flug dauerte schier endlose 2h20, dafür waren wir aber wieder in Deutschland. Eine günstige Übernachtung besorgte uns der Flugleiter. Auch unser braver C 42 bekam seinen Hallenplatz. Das Essen war prima und auch der Caipirinha bei Paula war hervorragend. Beruhigt schliefen wir diese Nacht ein.
Zu früh gefreut! Am Morgen plätscherte der Regen gegen die Scheibe. Wir mussten noch 2 Stunden fliegen um nach Hause zu kommen. In gedrückter Stimmung erschienen wir auf dem Tower und schauten im PC-Met nach. Das brachte nicht den erwünschten Erfolg. Also fragte ich den Wetterfrosch am Telefon. Der machte mir auf 13 Uhr Hoffnung in Bezug auf Wolkenuntergrenze und Sichten. Zeit genug um erst mal ein Mittagessen zu genießen. Das Flugplatzrestaurant ist übrigens zu empfehlen. Der Wetterfrosch hatte letztendlich doch recht. Nach dem Essen wurde es heller. So mogelten wir uns bis Regensburg durch um dann bei Sonnenschein bis nach Dörzbach zu kommen. Nach gut 2 Stunden genossen wir jetzt unser wohlverdientes Viertele Rotwein.
Das war wieder mal ein schöner Ausflug. 2600 km in 19:52 h. Keinerlei Probleme mit unserem zuverlässigen C 42. Überall freundliche Leute und massig neue Eindrücke. Das Beste jedoch war Ungarn. Ein Paradies für VFR-Flieger. Prädikat: besonders empfehlenswert!
Und wo geht es nächstes Jahr hin – Schwarzmeer?
Gustav Kukawka