Wohin, wenn Deutschland zu klein wird? Das Problem eines C 42-Piloten mit 1000 Flugstunden auf dem Buckel wollte ich eigentlich schon vor 4 Jahren mit einem Frankreichflug lösen. Die französischen ICAO-Karten hatte ich schon gekauft und ausgiebig studiert. Die Grand Nation wollte mich aber nicht haben und verweigerte mir die entsprechenden Genehmigungen für mich und meinen damaligen C 22.
Jetzt, nach diversen Reiseberichten des „schwarzen Adlers über Gallien“, erwachte in mir wieder das unstillbare Verlangen eines Zugvogels mit großer Macht. Die alten Ausgaben im „Flügel der Welt“ brachten noch die Anschrift von Hans-Peter Andresen ans Licht, der mir in französisch einen Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars formulierte. Nicht nur wir Deutschen haben gute Beamte. Einige Faxe später hielt ich endlich das begehrte Papier für meinen Flieger und mich in den Händen. Ich wollte schließlich nicht als schwarzer sondern als weißer Seeadler über Gallien kreisen. Nach Durchsicht der neuen VFR+GPS Chart´s von Jeppesen legte sich meine Stirn ob der vielen Sperr- und Beschränkungsgebiete in Runzeln. Na ja, man(n) von Welt hat ja Transponder, GPS und spricht englisch. Zur Not kann ja auch mein Fliegerkamerad und Mitflieger französisch.
Urlaub genommen, Bottlang-Karten kopiert, Le Guide des Terrains U.L.M. de France mit Karten eingepackt und nichts wie ab an den Atlantik. Die Planung lautete = Bordeaux – Biarritz – Perpignan – Mittelmeer – Megeve – Mont Blanc – Dörzbach. Doch nun schlug Murphy zu. Das Funkgerät stieg aus und das Headset versagte seinen Dienst. In einer Blitzaktion wurde dieser Mangel jedoch von Air+ in Günzburg behoben und wir konnten nach Flugplanaufgabe, Zollanforderung und guten Wettervorhersagen am Sonntag den 25.7. um 6:34 Uhr UTC in Dörzbach starten. Unser Ziel für den Zoll war
MulhouseBesancon la Veze. Kurz vor dem Grenzüberflug in Bremgarten versuchten wir Reims Information zu erreichen; leider vergeblich. Also runter und mit dem Hintern an den Bäumen kratzend um Mulhouse herumgekurft. Immer schön unter der Kontrollzone Basel stiegen wir nun wieder. Endlich Kontakt mit Reims Info.
Kontakt ja; Verständigung kaum! Das französische Englisch war für mich unverständlich. Selbst mein polyglotter Begleiter zuckte nur mit den Schultern. Nun wurde es hektisch. Nach Aufforderung meinerseits das Ganze nochmals in Englisch zu wiederholen, kramte der Controler nun in seinem Wortschatz (Aussprache) und wir kriegten mit, das der Squak für VFR-France 7000 war. Eine Verkehrsinformation konnte er uns aber nicht geben, da „no Radar“ an diesem Sonntag das Lieblingswort der meisten Informationsstellen war. Am Liebsten hätte ich gleich wieder umgedreht. Die Frage nach dem Status der einzelnen Beschränkungsgebiete auf unserem Weg wurden glücklicherweise mit „not aktiv“ beantwortet. Das Wetter war Klasse, der Wind verwöhnte uns mit leichtem Schieben unseres Gefährts und so kam Besancon immer näher.Besancon la Veze
Auf mehrmaliges Anfragen antwortete natürlich keiner. Also Blindmeldung =right downwind 06- Base – Final 06 . Noch 200 m bis zur Schwelle. Da plötzlich tauchten aus dem Nichts ein Schwarm Fallschirmspringer über der Schwelle auf, die uns eine gehörige Portion Adrenalin bescherten. Sofort nach links abdrehen; einer könnte ja unseren Propp beschädigen. Doch plötzlich eine Stimme aus dem Funk: „Ekko Scharliee, what are you doing?“ Es war die Turbo-Porter der Springer, die uns am Leitwerk klebte und dessen Pilot unsere Sorge um die Springer nicht teilen konnte. Er flog mitten durch den Pulk der bunten Schirme um die neue Kundschaft, die unten am Pistenrand wartete wieder in die Lüfte zu befördern. Jetzt wurden wir wieder mutiger und die 1400 m Asphalt ermöglichte uns eine saubere Landung. Der Platz war geschlossen und alles eierte hier Kreuz und Quer durcheinander. Nach dem tankenden Hubi wollten auch wir sicherheitshalber noch ein paar Liter nachfüllen, was aber nur für Eingeborene möglich war. Nach einer halben Stunde vergeblichen Wartens auf den Zollbeamten kam dann noch der Porterpilot, bedankte sich per Handschlag für das Ausweichmanöver und staunte über unser Flugziel. Also weiter Westwärts.
Jetzt klappte auch die Verständigung mit der FIS besser; dachten wir. Doch die diversen Positionsmeldungen die auch noch buchstabiert werden mußten, arteten in schweißtreibende Arbeit aus. Gut, daß wir zu Zweit in einem geschlossenen UL waren; in einem Offenen wären die vielen Karten unwiederbringlich verloren gewesen. Die Frage nach dem Kurzzeichen unseres Zielflugplatzes wurde uns noch von einem hilfsbereiten PPLer übersetzt und konnte dann zur Zufriedenheit des Controlers beantwortet werden.
Unseren nächsten Platz Montlucon Gueret flogen wir dann auch wie die alten Hasen an. Auf der 1450 m langen Eins-sieben standen nur ein paar Segelflieger neben ihren Maschinen, welche wir locker umkurften. Sonst war wieder niemand am geschlossenen Platz. Unser Magen und der Tank waren nicht gerade voll. Dem Flieger konnte jetzt aber mit 65 Liter F3 (100 LL) zu 2,55 DM geholfen werden. Ein Anwesender Pilot gab uns nach unzähligen Unterschriften von dem raren Saft. Er mußte sich selbst erst mal über das Prozedere schlau machen. Nach einem Müsliriegel ging es zur letzten Etappe nach Soulac sur Mer.
GirondebuchtNach einem Tiefflug über die Girondebucht landeten wir um 14:09 Uhr nach 6 Std. 11 min. Flugzeit am Atlantik in Soulac. Der Platz war offen und wir bekamen eine Landeinfo, was uns aber nicht weiter störte. Ebensowenig machten uns die obligatorischen Fallschirmspringer über der Piste Kopfzerbrechen. Wir waren ja am Ziel und konnten auf einen neuen Propp in aller Ruhe warten. Lande- und Unterstellgebühren (für eine Nacht 30 DM) wurden bezahlt und ein freundlicher Pilot brachte uns in das 3 km entfernte Touristenzentrum. Dort bekamen wir nur sehr schwer ein Doppelzimmer für 2 Nächte. Montags wurde ausgiebig gebadet und das abendliche Flair genossen. Die aufziehende Bewölkung machte uns indes Sorgen. So kam es, wie es kommen mußte; es zog zu.
Nach einer sehr teueren Taxifahrt an den Flugplatz standen wir am Dienstag früh auf dem noch freien Flugplatz. Nach Süden, unserem geplanten Flugweg, alles Dicht. Also die noch einzig freie Himmelsrichtung Ost ins GPS und ab nach Hause. Die FIS war verständlich und ihr Radar ging auch wieder. Jetzt waren aber sehr viele Beschränkungsgebiete aktiv und wir flogen dank der Jeppesen-Datenbank unseres GPS mit beruhigender Sicherheit durch die Gegend. Wieder in Montlucon angekommen, war der Platz diesmal besetzt aber es war überhaupt nichts los. Selbst die allgegenwärtigen Fallschirmspringer fehlten. Zum Essen gab es wieder nichts. Wir hatten sowieso überladen. Weiter nach Besancon. Das Wetter wurde wieder besser und ich hatte Muße noch ein Paar Fotos zu machen. Nach vorschriftsmäßiger Meldung wurdeGrenze die Dame im Tower nervös. Eine Maschine machte auf die 23 einen ILS-Anflug und sie hatte uns die 05 freigegeben. Null Problemo – Traffic in sight. Nach dem Nachfüllen von 25 ltr. Sprit und dem Bezahlen von 8,50 DM Landegebühr fragte sie uns nach dem Zoll und dem Flugplan. Nachdem sie die erstaunten Gesichtern unserseits sah, erklärte sie uns, daß auch beim Ausflug aus Frankreich Zoll und Flugplanzwang bestünden. Also rein ins Fax und Bremgarten Richtung Mulhouse und Bremgarten. Nach der Meldung in Mulhouse überflogen wir wieder in tiefster Gangart die Grenze und landeten in Bremgarten zum Tanken und Schnitzelessen.
Auf unserem letzten Teilstück nach Dörzbach hatten wir kräftigen Gegenwind und sehr freundliche, exakte und verständliche Informationen von FIS Stuttgart. Nach 7:15 Std. Flugzeit landeten wir auf unserem Heimatplätzle in dem wunderschönen Hohenloher Land.
RügenDas war aber noch nicht der letzte Ausflug nach Frankreich. Die Genehmigung gilt noch bis Ende September. Wenn das Wetter mitspielt, werden wir doch noch die Alpen und das Mittelmeer unter unsere Fittiche nehmen. Auf jeden Fall entspannten wir uns am darauffolgenden Wochenende auf einem Flug nach Rügen von den Strapazen. Das war zwar die Ostsee, aber Wasser ist Wasser.
Dörzbach – Besancon 6,34 – 8,52 =2:18 h 25.7.99
Besancon – Montlucon 9,33 – 11,27 =1:54 h
Montlucon – Soulac 12,10 – 14,09 =1:59 h
Soulac – Montlucon 7,51 – 9,45 =1:54 h 27.7.99
Montlucon – Besancon 10,37 – 12,51 =2:14 h
Besancon – Bremgarten 13,36 – 14,44 =1:08 h
Bremgarten- Dörzbach 15,50 – 17,46 =1:56 h
Flugstrecke = 1980 Km