Als Frankreich – Fan und Mitbesitzer einer C 42 von Comco planten Wolfgang God und ich schon des Längeren einen Flug an die Küste der Normandie und zu den Schlössern der Loire. Durch das allzu schöne Wetter des Frühjahres beflügelt, sollte es jedoch ein Spanientripp werden. Zum Aufwärmen entschlossen wir uns dann doch, diesen Ausflug vorzuziehen. Nach drei Tagen sollte das Ganze Geschichte sein. Am 13. Juli ging es los, da Frankreich seinen Nationalfeiertag am 14 Juli feiert und die Meisten der vielen Sperr- und Beschränkungsgebiete nicht aktiv sind. Außerdem spielte das Wetter mit einer halbwegs stabilen Lage mit. Nachteilig wirkt es sich aber auch auf die Öffnungszeiten vieler Flugplätze aus. Die sind geschlossen und damit gibt es keinen Sprit und nichts zum Essen. Mit unseren 100 Litern können wir jedoch 7 Stunden in der Luft bleiben – schau mer mal.
Am Sonntag, 13.7. 2003 um 10:07 Uhr hoben wir auf unserem Flugplatz in Dörzbach mit kleinem Gepäck ab. Mit dabei waren jede Menge Jeppesenkarten, franz. Botlang, Müsliriegel, Bonbons und Getränke. Der Flugplan war schon aufgegeben und unsere erste Landung in Saarlois-Düren war reine Formsache. Die Flugleitung aktivierte unseren Plan und wir waren um 12:06 Uhr kurz nach dem Start in Frankreich. Durch Reims Information, die über kein Radar verfügen, beraten flogen wir südlich von Luxemburg und Belgien über eine platte Landschaft, die unserer Hohenloher Ebene gleicht. Mit leichter Thermik und Rückenwind schaukelten wir 2,5 Stunden der Küste entgegen. Nach 385 km. war es dann endlich so weit – LFAM Berck sur Mer mit seiner 06 Asphalt war zur Landung geeignet. Wie schon erwartet war niemand am Funk. Also Blindmeldung und nichts wie runter. Die wunderschöne Küste erwartet und schon vor der Landung. Klasse! Der Strand und das kühlende Wasser zum Greifen nahe, rollten wir zum Hangar. Dort war zum Glück ein sehr freundlicher Mann, der auf unsere Bitte hin nach einem Zimmer für die Übernachtung telefonierte. Natürlich war alles überfüllt – langes Wochenende für die Franzosen wegen des Feiertags. Er riet uns weiter im Landesinnern nach einer Bleibe zu suchen. LFQN St. Omer schien ihm am Geeignetsten. Bei brütender Hitze und durchgeschwitzt rollten wir zurück zur 06. Eine deutsche 172er setzte zur Landung an und wir machten uns vom Acker (wörtlich zu nehmen). Nach einer halben Stunde erreichten wir St. Omer und hofften, dort auch jemanden anzutreffen. Wir hatten Glück. Nach der obligatorischen Blindmeldung auf der 123.500 für Plätze ohne Frequenzangabe setzten wir uns auf die 09 Asphalt. Es erwartete uns ein älterer Herr, der sich sofort anbot, uns in die Stadt zu fahren. Er verstaute unser UL für die Nacht im Hangar. Das Flugplatzrestaurant war auch toll. Dort kann man, außer Montag, gut essen und trinken. So stillten wir unseren übergroßen Durst und trafen dabei noch einen französischen Trikepiloten, der, wie es sich später herausstellte, der Bruder eines Bekannten war. Die Welt ist ein Dorf!
Wir genossen den Abend in dem schönen, alten Städtchen mit gutem Essen und einem Fläschchen Rotem. Nach dem Aufstehen holte uns der ältere Herr wie versprochen ab und versorgte uns mit Sprit. So hoben wir zufrieden kurz nach 10 Uhr in Richtung Küste ab. Es war mit einer Flugzeit von 2:38 Stunden der längste Abschnitt auf unserer Reise. Wir folgten südlich von Le Touquet der Küste in 1000 ft. über Le Havre zum Omaha- und Uthabeach (nördlich von Caen), der Landungsküste der Alliierten im 2. Weltkrieg. Die dort versenkten Landungsboote und die Soldatenfriedhöfe brachten uns zum Nachdenken. Nun drehten wir nach Süden ab. Unser nächstes Ziel sollte LFRF Granville sein. Auf der angegebenen Frequenz wurde reichlich französisch gequasselt. Der Platz liegt direkt am Meer und wird stark frequentiert. Von einem anfliegenden Piloten bekam ich dann doch noch meine Landerichtung in Englisch. So gelang dann auch die Landung mit Rückenwind eingequetscht von Jodels und Pipers. Durchgerüttelt und triefend nassgeschwitzt (40 ° im Cockpit) hechelten wir in die Gaststätte am Platz. Eisgekühlte Getränke und sehr gutes Essen entschädigten uns für überfüllte Hotels.
Die sich androhende Schlechtwetterfront von Westen her hielt uns davon ab, den Zipfel von Brest auch noch mitzunehmen. So begnügten wir uns mit le Mont- St.- Michel, das sich in der Bucht vor Avranches schon von Weitem abzeichnete. Bei Ebbe liefen hier Leute durch das Watt und Hunderte von Autos und Bussen standen auf dem Parkplatz. Leider kann man nicht näher ran, da dieses wunderschöne Bauwerk durch eine Verbotszone (LF(R)-12) geschützt wird. Nach 1,5 Stunden Südostkurs über flachem Land tauchte dann LFOD Saumur auf. Zur Überraschung war auch jemand am Funk – das heißt, wir bekommen Sprit! Und nicht nur das – in der Platzschenke wartete ein eiskaltes Bier darauf, von uns getrunken zu werden – aaaaaaaaah, das zischt. Der Himmel auf Erden! Der Flugleiter besorgte uns ein Zimmer und ein Taxi. Ein schönes, altes Städtchen mit pulsierendem Leben erwartete uns. Tolles Flair mit Straßencafes und Restaurants laden zum Verweilen ein. Trotz der afrikanischen Temperaturen tummelten sich hier tausende von Menschen und wir bekommen nur mit Mühe eine Platz. Rummel und Ausstellungen zum Jahrestag der Revolution fanden um Mitternacht in einem gigantischen Feuerwerk am Ufer der Loire ihren Abschluss.
Der Dienstag Morgen empfing uns mit völlig bedecktem Himmel. Kurz nach dem Start fielen die ersten Tropfen auf unsere Scheibe. Dem Loiretal noch Osten in 200 Meter folgend, wurde es aber wieder sonnig und heiß. Die Kontrollzone von Tours durchquerten wir mit Hilfe von Tours-Tower auf einer Transitstrecke südlich des Tals. Bei Amboise folgten wir dann wieder dem Tal um bei Blois einen kurzen Abstecher zu dem UL-Gelände Onzain zu unternehmen. Da aber niemand flog, ging es weiter nach Chambord. Das Schlösschen ist wirklich imposant. Wieder zurück im Loiretal meldete ich uns dieses mal nicht bei Orleans an. Wir flogen ganz legal unten durch. Sattgesehen von den vielen Schlössern und Altstädten wollten wir jetzt wieder mal runter. Ausgesucht hatten wir uns LFEI Briare. Im Tal standen da 2 riesige Kernkraftwerke im Weg. Das eine überflogen wir, um keine allzu großen Schlenker mehr machen zu müssen. Platz in Sicht – Blindmeldung – Augen auf und runter. Himmel wieder wolkenlos – knall Hitze – niemand da. Nach kurzer Zeit kam ein Flugschüler und gleich darauf der Flugleiter. Sie retteten uns mit kalten Getränken – wir waren kurz vor dem Siedepunkt. Nach 15 Minuten klingelte das Telefon in der Flugleitung und der Chef bekam ein besorgtes Gesicht. Er rief mich. Dran war ein Militärlotse und der machte mir jetzt auf englisch klar, dass wir Mist gebaut hatten. Das Überfliegen von Kernkraftwerken ist, wie seit neuestem bei uns auch, verboten. Ein Abstand von 2 km ist einzuhalten. Ich war von den Socken. Merde !!!! Er berief sich auf das französische Notam. Das hatte ich natürlich nicht gelesen. Die Höhe der Strafe konnte er mir nicht sagen (die Guillotine ist, glaube ich wenigsten, abgeschafft)- schau mer mal.
Sei`s drum – über Sinn und Unsinn solcher Ergüsse der Regierungen zu diskutieren ist eh sinn- und erfolglos. Letztes Jahr sollen sogar schon mal 2 Mirage einen Blechflieger wegen des gleichen Vergehens runtergewackelt haben.
Mit mulmigem Gefühl ging es jetzt weiter gen Osten. Brav von Rhone-Radar überwacht und von Reims Info beraten, jedem Maulwurfshügel ausweichend, landeten wir nach 2 Stunden Saunaflug in LFSM Montbeliard. Kurze Flugplanaufgabe und im Tiefflug unter Basel durch nach Bremgarten. Nach dem Schnitzel mit Salat auf zur letzten Etappe nach Dörzbach. Ein kurzer Abstecher noch bei Andy und Stefan Frick in Rutesheim direkt auf dem Weg. Endlich wieder daheim. Um 19:16 berührten wir unseren geliebten Flugplatz. Bei der nächsten Jahreshauptversammlung des UL-Vereins Dörzbach gibt es wieder was zum Zeigen. Eines hatte wir uns aber vorgenommen: nie wieder so weit fliegen bei dieser Affenhitze.
Am nächsten Tag zog in Frankreich ein Orkan mit Windgeschwindigkeiten von 160 km/h mit Hagel und Regen vom Atlantik her auf und forderte mehrere Tote und Verletzte.
Geflogene Strecke = 2269 km in 15:08 Stunden
Fazit: Notams lesen!